Die Präzisionsmedizin ist eine Form der personalisierten Medizin.14 Hierbei wird berücksichtigt, dass bei Menschen mit derselben Erkrankung unterschiedliche Faktoren zugrunde liegen können. Molekulare Informationen werden genutzt, um maßgeschneiderte Behandlungen anzubieten.
Moderne Onkologie

Mit Präzisionsmedizin mehr erkennen und besser behandeln

Mit zunehmendem Erkenntnisgewinn zeigt sich immer deutlicher: Krebs ist ein Erkrankung, die durch genetische Veränderungen verursacht wird. In der modernen Präzisionsmedizin werden deshalb gezielt genetisch veränderte Tumorzellen angegriffen.

Das Ziel: Eine Krebsbehandlung, die individuell auf das einzigartige molekulare Tumorprofil der Patienten abgestimmt ist. Denn genau wie die DNA eines jeden Menschen, ist auch jeder Tumor genetisch einzigartig. Essentiell für eine moderne Präzisionsmedizin sind deshalb die umfassende molekulare Tumoranalyse und die zielgerichtete Therapie von Tumoren. 

Molekulare Tumortestung

Präzisionsmedizin basiert auf molekulargenetischen Daten

Molekulare Erkenntnisse aus umfassenden Tumoranalysen bilden die Grundlage für die Präzisionsmedizin. Mittels molekularer Diagnostik können individuelle genomische Veränderungen sowie Rezeptor-Überexpressionen nachgewiesen werden.

Als eines der qualitativ hochwertigsten Verfahren dafür gilt das Next-Generation-Sequencing (NGS). Damit ist es möglich zahlreiche Biomarker in nur einem Test zu analysieren. So kann ein umfassendes Tumorprofil erstellt und neben den häufigsten Biomarkern können auch seltene onkogene Treiber identifiziert werden.

Je größer das getestete Genpanel, desto wahrscheinlicher kann im Anschluss eine konkrete Therapieempfehlung ausgesprochen werden.1 Denn der Nachweis – oder auch das Nicht-Vorliegen – bestimmter molekulare Biomarker ist für den weiteren Einsatz personalisierter Tumortherapien richtungsweisend. Immer mehr adressierbare genomische Veränderungen werden identifiziert und darauf zielgerichtete Behandlungsmethoden zugelassen.1–3 Und schon bei über 40 Wirkstoffen sind diagnostische Vortests verpflichtend.4

Tumoragnostische Therapien

Entitätsunabhängige Ansätze für eine zielgerichtete Behandlung

Verschiedene molekulare Alterationen können bei unterschiedlichen Tumorentitäten auftreten.5 Deshalb werden derzeit zunehmend tumoragnostische oder auch entitätsunabhängige Therapieansätze geprüft. Bei tumoragnostischen Therapien ist das genetische Tumorprofil behandlungsentscheidend – und nicht die Krebsart, der Entstehungsort oder die Gewebeeigenschaften des Tumors. Laut Schätzungen werden die Zulassungen entitätsunabhängiger Therapien in den nächsten Jahren stetig zunehmen. 
Beispiel NTRK

Entitätsunabhängige Therapien am Beispiel der NTRK-Genfusion

Die Therapie zur Inhibition zellulärer Prozesse in Folge von NTRK1-, NTRK2- oder NTRK3- Genfusionen ist bei verschiedenen Entitäten wirksam. NTRK-Genfusionen sind genetische Veränderungen, die in Folge chromosomaler Rearrangements der drei NTRK (neurotrophe Tyrosin-Rezeptor-Kinase)-Gene entstehen. Sie treten bei verschiedenen soliden Tumoren in unterschiedlichen Frequenzen bei Erwachsenen und Kindern auf.6–8

Genetische Veränderungen der NTRK-Gene sind relativ selten: Nur 0,2–0,4 Prozent der Patienten mit soliden Tumoren sind davon betroffen.7,9–11 Bei bestimmten Tumoren allerdings kann eine genetische Veränderung von NTRK bei über 90 Prozent der betroffenen Patienten nachgewiesen werden.12 In den letzten 3 Jahren wurden erste entitätsunabhängige Therapien bei NTKR-positiven Tumoren zugelassen.13

Verweise
  1. Tredan O et al. J Clin Oncol 2022; 40(16_suppl):3130–3130.
  2. Drilon A et al. Clin Cancer Res 2015; 21:3631–3639.
  3. Hirsch FR et al. Lancet 2016; 388:1012–1024.
  4. Baumgart M. Am J Hematol Oncol 2015; 11:10–13.
  5. Schwaederle M, Kurzrock R. Oncoscience 2015; 2:779–780.
  6. Zhang W et al. Prostate Cancer Prostatic Dis 2020; 23(1):24–37.
  7. Vaishnavi A et al. Cancer Discov 2015; 5:25–34.
  8. Amatu A et al. ESMO 2016; 1(2):e000023.
  9. Kummar S, Lassen UN. Target Oncol 2018; 13:545–556.
  10. Zehir A et al. Nature Med 2017; 23(6):703–713.
  11. Stransky N et al. Nature Comms 2014; 5:4846.
  12. Astsaturov IA et al. J Clin Oncol 2016; 34(15_suppl):11504.
  13. Cocco E et al. Nat Rev Clin Oncol 2018; 15:731–747.
  14. Baird AM et al. Health Science Reports 2023; https://doi.org/10.1002/hsr2.1349